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Aktuelle Konsensempfehlungen

Klinische Empfehlungen für Bewegung mit AID-Systemen

Moderne Automated-Insulin-Delivery-Systeme (AID) helfen Menschen mit Typ-1-Diabetes dabei, den Blutzucker stabil zu halten – auch beim Sport. Doch körperliche Aktivität bringt besondere Herausforderungen mit sich. Deshalb gibt es klare Empfehlungen, wie AID-Systeme rund um Bewegung sicher und effektiv eingesetzt werden können.

Hier sind die wichtigsten klinischen Praxisempfehlungen aus dem aktuellen Positionspapier (EASD/ISPAD 2024):

1. Vor dem Sport: Vorbereitung ist alles

  • Planung ist hilfreich: Wenn möglich, sollte die Aktivität im Voraus geplant werden – z. B. durch Reduktion des Insulinbolus zur letzten Mahlzeit.
  • „Activity“- oder „Sportmodus“ aktivieren: Viele AID-Systeme bieten spezielle Modi, die die Zielglukose erhöhen und das Risiko einer Unterzuckerung senken. Diese Funktion sollte etwa 60–90 Minuten vor Beginn der Aktivität aktiviert werden.
  • Blutzucker im Blick: Vor dem Start sollte der Glukosewert nicht unter 100 mg/dl (5,6 mmol/l) liegen. Gegebenenfalls sind schnell wirksame Kohlenhydrate sinnvoll.
  • Individuelle Anpassung: Je nach System, Tageszeit, Trainingsart und Vorerfahrung kann die richtige Vorbereitung variieren. Es lohnt sich, ein Bewegungstagebuch zu führen.

2. Während des Sports: Sicherheit hat Vorrang

  • Sensorwerte regelmäßig kontrollieren (z. B. alle 30–60 Minuten), besonders bei intensiver oder längerer Belastung.
  • Bei starkem Blutzuckerabfall → Bewegung ggf. unterbrechen und schnell wirksame Kohlenhydrate (z. B. Traubenzucker, Saft) einnehmen.
  • Insulinzufuhr pausieren oder anpassen, falls möglich (z. B. temporäre Basalrate senken oder „Übungsmodus“ verlängern).
  • AID-Systeme reagieren nicht immer sofort auf schnelle Glukoseveränderungen – besonders bei intervallartigem oder intensivem Training (z. B. Fußball, HIIT).

3. Nach dem Sport: Nachwirkungen berücksichtigen

  • Hypoglykämien können bis zu 24 Stunden später auftreten, vor allem nach abendlicher Aktivität → Insulin in der Nacht ggf. reduzieren.
  • Einige Systeme passen die Basalrate automatisch an – aber: zusätzliche Kohlenhydrate vor dem Schlafengehen können dennoch notwendig sein.
  • Erhöhte Glukosewerte nach dem Sport (v. a. bei intensivem Training) sollten mit Bedacht korrigiert werden – nicht überreagieren!

4. Für Kinder, Jugendliche & Erwachsene – individuell anpassen

Die Empfehlungen gelten grundsätzlich für alle Altersgruppen, aber:

  • Kinder reagieren oft sensibler auf Insulin – hier ist besondere Vorsicht bei der Korrektur nach Bewegung wichtig.
  • Jugendliche haben häufig hormonelle Schwankungen, die den Glukosestoffwechsel unvorhersehbar machen.
  • Erwachsene profitieren oft von stabileren Routinen und können AID-Einstellungen gezielter anpassen.

Eine enge Zusammenarbeit mit dem Diabetesteam, regelmäßiges Ausprobieren und Dokumentieren helfen, die bestmögliche individuelle Strategie zu entwickeln.


5. Technik ist Hilfe – ersetzt aber nicht die Eigenverantwortung

AID-Systeme sind ein großer Fortschritt, aber kein Selbstläufer. Die richtige Nutzung erfordert:

  • Kenntnis der Systemfunktionen
  • Verständnis für die Wirkung von Insulin und Bewegung
  • Aktives Mitdenken – besonders bei neuen oder intensiven Aktivitäten

Mit Wissen, Übung und etwas Geduld wird Bewegung sicherer, planbarer – und macht wieder Spaß.

Quelle: Moser O, Zaharieva DP, Adolfsson P, Battelino T, Bracken RM, Buckingham BA, Danne T, Davis EA, Dovč K, Forlenza GP, Gillard P, Hofer SE, Hovorka R, Jacobs PG, Mader JK, Mathieu C, Nørgaard K, Oliver NS, O'Neal DN, Pemberton J, Rabasa-Lhoret R, Sherr JL, Sourij H, Tauschmann M, Yardley JE, Riddell MC. The use of automated insulin delivery around physical activity and exercise in type 1 diabetes: a position statement of the European Association for the Study of Diabetes (EASD) and the International Society for Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD). Diabetologia. 2025 Feb;68(2):255-280. doi: 10.1007/s00125-024-06308-z. PMID: 39653802; PMCID: PMC11732933.